Über den Preis der Apple Watch: Snob oder Idiot?

Käufer der Apple Watch fügen sich ganz von selbst in eine neue soziale Hierarchie ein. Diese basiert nicht mehr auf dem Auto, das ja inzwischen vor allem in der Mittelschicht vom Statussymbol zum reinen Fortbewegungsmittel gewandelt hat, sondern auf Gadgets. Wer sich für eine Variante der Apple Watch entscheidet, verrät damit mehr über sich selbst, als ihm lieb ist. Oder geht zumindest die Gefahr ein, von außen entsprechend bewertet zu werden.

Apple Watch Edition

Die Außenwirkung der Apple Watch

Uhren galten bisher nicht gerade als Statussymbol (wenn man mal von Rolex absieht. Für die meisten Menschen ist ein 800 € Zeppelin-Chronograph nicht von einer 9.000 € Blancpain zu unterscheiden, obwohl die Preisdifferenz beträchtlich ist. Hinzu kommt, dass der stilvolle Uhrenliebhaber eher zu einem eleganten, schlichten Modell greift als zur diamantenbesetzten Rolex.

Bei der Apple Watch sieht das ein bisschen anders aus. Die einzelnen Modelle sind recht leicht auseinanderzuhalten, und die Träger werden sich darauf vorbereiten müssen, nach der Wahl ihres Watch-Modells bewertet zu werden.

Die beiden Extreme: Arm oder dumm?

Das untere Ende des Apple Watch Lineups wird von der Watch Sport besetzt. Ab 399 Euro bekommt man die günstigste Variante unter Apples Smartwatches. Das können sich die meisten Interessenten durchaus leisten. Was sagt das Tragen einer Apple Watch Sport aber dem Umfeld? Dass der Träger zu arm ist, sich eine richtige Smartwatch zu leisten.

Am anderen Ende der Skala steht die Apple Watch Edition. Minimum 11.000 Euro muss der Käufer dieser Edel-Smartwatch auf den metaphorischen Tisch legen. In der Realität wird der Betrag ganz nonchalant und unauffällig von Apple von der Kreditkarte des Käufers abgebucht. Die Apple Watch Edition hat keine besonderen Features. Im Grunde erhält der Kunde die gleiche Smartwatch wie die Käufer der Apple Watch Sport – nur, dass sie eben aus Gold gefertigt ist. Das Material hebt sich also hervor, und so wird der geneigte Beobachter, so er denn auch nur den Hauch einer Ahnung von Apples Smartwatch-Lineup hat, sofort erkennen können, dass er einem Menschen gegenübersteht, der es sich erlauben kann, mehr als 10.000 € für ein Gadget auszugeben, das in maximal zwei Jahren eh veraltet ist.

Trägern der Apple Watch Edition sollte man aus dem Weg gehen. Wer derart damit beschäftigt ist, wohlhabend zu wirken, der ist meist viel zu sehr auf sich selbst fokussiert. Die Apple Watch Edition ist mit Abstand die dümmste Kaufentscheidung, die sich momentan in der Tech-Welt finden lässt.

Die goldene Mitte: Apple Watch

Also nochmal zum Mitschreiben: Wer eine Apple Watch Sport kauft, der zeigt damit, dass er zu arm ist. Der Käufer einer Apple Watch Edition zeigt, dass er in seiner Freizeit seine Sklaven auspeitscht und geschützte Tiere jagt. Es bleibt also die goldene Mitte: Die Apple Watch. Diese startet ab 649 €. Handelt es sich dabei um die Smartwatch für den ausgeglichenen, in seinem sozialen Status ruhenden Menschen.

Fast. Es gibt Probleme. Eins davon ist das Silikonarmband. Aus mittlerer Entfernung sieht die Apple Watch damit aus wie der Apple Watch Sport, womit der Träger wieder arm aussähe. Und wer will das schon. Also bleibt nur, den Aufpreis für ein Leder- oder Metallarmband zu zahlen. Die Auswahl ist groß, aber um das abzukürzen: Die einzige vertretbare Lösung ist das Gliederarmband, womit wir wieder bei 1099 € wären, was wieder ein respektabler Preis für ein Gadget ist, das als Begleitgerät für das iPhone fungiert.

Die Renaissance des Apple-Produktsnobismus

Nun könnte man denken, Apple habe mit der Preisstrategie der Apple Watch ein unglückliches Händchen bewiesen. Mitnichten. Es handelt sich um pure Absicht. Apple sucht einen Weg aus dem Mainstream, in den es mit dem iPhone gerutscht ist. Mit der Apple Watch geben wir unseren Freunden endlich wieder einen Grund, uns als Snob zu bezeichnen. Apple wurde schon immer dafür kritisiert, hochqualitative Hardware für Menschen zu produzieren, die ihren Laptop oder ihr Smartphone als Statussymbol betrachten. Dass die Hardware wirklich ihresgleichen sucht (qualitativ, nicht unbedingt leistungstechnisch) und Apple es schafft, wie kein anderes Unternehmen ein in sich stimmiges Ökosystem aufzubauen: geschenkt.

Apple ist sich seiner Rolle bewusst, und mit der Apple Watch haben wir endlich wieder ein Produkt, mit dem wir uns als etwas Besonderes fühlen können. Ein iPad, MacBook oder iPhone ist schon lange kein ungewöhnlicher Anblick mehr. Aber die Apple Watch ist ungewöhnlich. Und wird es bleiben. Sie gibt den Apple-Fans eine Chance, sich aus dem Mainstream zu erheben. Schließlich hat heute jeder ein iPhone.

Das Ganze ist an sich nicht schlimm. Es ist aber schade für diejenigen, die sich eine Apple Watch kaufen wollen, weil sie das Gadget an sich einfach cool finden oder die Funktionalität schätzen und nicht durch Geltungsbedürfnis motiviert werden. Vielleicht sollten solche Interessenten einfach ein oder zwei Jahre warten. Auch die Apple Watch wird irgendwann Mainstream werden.

Alternativ können sie auch einfach die Meinung anderer ignorieren und tun, was sie glücklich macht.

Disclaimer: Nicht alles zu ernst nehmen

Der Autor hält weder die Käufer der Apple Watch Sport pauschal für arm, noch die Käufer der Apple Watch Edition pauschal für dumm. Vielmehr ist der Artikel absichtlich übertrieben gehalten, um auf die etwas absonderliche Preispolitik Apples bezüglich der Apple Watch aufmerksam zu machen.

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